Die Geige fasziniert mich bereits seit meiner Kindheit. Das Instrument strahlt für mich etwas Besonderes aus, das man mit Worten kaum beschreiben, aber spüren kann, sobald es erklingt.
Aber wie wird eine Geige gebaut und worauf kommt es an, damit sie uns mit ihrem Klang verzaubern kann?
Das wollte ich gerne von jemandem erfahren, der es wissen muss.
Meine Freude war groß, als der Geigenbaumeister Peter Körner aus Mainz, auf meine Anfrage hin gleich einen Termin vorschlug.
Beim Betreten seiner Werkstatträume eröffnete sich für mich eine besondere Welt, über die ich von ihm gleich sehr viel erfahren sollte.
Herr Körner ist spezialisiert auf die Reparatur unterschiedlicher Streichinstrumente und die Restauration von Meisterinstrumenten. Es werden pro Jahr aber auch 3-4 neue Instrumente gebaut. In seiner Werkstatt sind außerdem seine Frau, seine Tochter und zwei Mitarbeiter beschäftigt.
Der Geigenbau ist international, so ist es üblich, dass Geigenbaugesellen in verschiedenen Ländern und verschiedenen Werkstätten ihr Wissen und Können vertiefen und ausbauen und es im Gegenzug auch bei den unterschiedlichen Geigenbauern einbringen. Es wird nie langweilig und man lernt nie aus. Herr Körners Tochter, einst Auszubildende zur Geigenbauerin in seiner Werkstatt, bildet sich derzeit im Bereich Betriebswirtschaft in Frankfurt am Main weiter.
Bögen für die Streichinstrumente werden der Werkstatt von Herrn Körner nicht gebaut. Der Bogenbau ist ein eigenständiger Beruf (wie der des Geigenbauers). Aber selbstverständlich kann man bei Herrn Körner einen qualitativ hochwertigen Bogen von renommierten Bogenbauern erwerben. Während unseres Gesprächs öffnete er auch seinen Tresor, in dem sich weitere wertvolle Instrumente und Bögen befanden.
Neben der Reparatur und der Restauration wertvoller Instrumente erstellt er als Sachverständiger (er hat über 35 Jahre Erfahrung in seinem Metier) auch Foto- und Wertgutachten über Instrumente, beispielsweise für Versicherungszwecke. Dafür untersucht und beurteilt er die Echtheit des Instruments und die Zusammengehörigkeit der unterschiedlichen Teile der Geige und wesentliche Merkmale. Im Fotogutachten werden keine Angaben zum Wert des Instruments gemacht. Dafür wird das Wertgutachten erstellt.
Außerdem war er Obermeister der Musikinstrumentenmacher der Innung Mittelrhein und Vorsitzender des Prüfungsausschusses für die Meisterprüfungen der Innung des Geigenbauerhandwerks.
Als Geigenbaumeister ist er zudem berechtigt, zukünftige Geigenbauer auszubilden. Um Meister zu werden, muss man zunächst eine Ausbildung zum Geigenbauer absolviert haben und danach über 5-6 Jahre Berufserfahrung verfügen, um sich für die Meisterprüfung anmelden zu können.
Weitere Details über das Berufsbild des Geigenbauers und die Anforderungen im Geigenbauerhandwerk kann man hier finden:
Die Meisterpflicht wurde 2004 für eine große Anzahl der handwerklichen Berufe - der Geigenbau gehört dazu - abgeschafft. Eine Entscheidung, gegen die die Handwerksbetriebe, leider erfolglos, Widerstand geleistet haben.
Für zukünftige Geigenbauer offenbart sich hier ein Dilemma bei der Suche nach einem Meisterbetrieb:
Möchten diese den Beruf im Rahmen einer dualen Ausbildung erlernen, sind sie darauf angewiesen, einen Meisterbetrieb zu finden. Jedoch ist für das Führen eines handwerklichen Betriebs in diesem Handwerk der Meistertitel nicht (oder noch nicht wieder) notwendig, sodass sich die Suche nach einem Ausbildungsbetrieb schwierig gestaltet.
Ich hoffe sehr, dass die Entscheidung rückgängig gemacht wird. Im Dezember 2019 wurde dies im Bundestag für einige handwerkliche Berufe beschlossen. Darunter befindet sich auch das Handwerk des Orgel- und Harmoniumbaus. Aber trotzdem kann man den Meisterkurs selbstverständlich absolvieren und die anspruchsvolle Prüfung vor der Innung ablegen, die nach wie vor als ein wichtiges Qualitätssiegel zu werten ist.
Herr Körner absolvierte seine Lehre ebenfalls im Rahmen einer dualen Ausbildung, in einem Meisterbetrieb in Darmstadt und in der renommierten Musikinstrumentenbauschule in Mittenwald. Der Unterricht an der Berufsschule dauert drei Jahre und erfolgte im Blockunterricht (zwei Blöcke jährlich). Die Ausbildung wird durch die (erfolgreiche) Gesellenprüfung an einer Handwerkskammer abgeschlossen.
Wie entwickelte sich sein Berufswunsch? Herr Körner, der die Musik von Johann Sebastian Bach liebt, musizierte bereits während seiner Schulzeit und lernte dadurch einen Geigenbauer kennen.
Daraus entwickelte sich eine Freundschaft. Durch Aushilfsarbeiten während der Schulzeit in dessen Werkstatt, wo er bereits sein handwerkliches Talent entwickeln konnte, entwickelte sich das Interesse an dem Beruf.
Handwerkliches Talent ist, wie man sich vorstellen kann, eine wichtige Voraussetzung, für diesen wunderschönen Beruf. Aber auch ein gutes Gehör und der Sinn für Feinheiten, die Liebe zum Detail, sind unverzichtbar.
Während der Ausbildung lernte er u.a. den Umgang mit den Werkzeugen und dem Material, aber auch die Stilkunde gehörte zum Spektrum der Fächer, die gelehrt wurden.
Die Stilkunde alter Instrumente ist etwas, das ihn auch bereits in der Ausbildung faszinierte. Diese Faszination war auch der Grund, weshalb er sich auf die Reparatur und Restauration spezialisierte und auch als Sachverständiger Gutachten erstellt.
Ein Laie erkennt keine oder kaum Stilvarianten des Instrumentenbaus, die Grundform der Instrumente ist immer gleich. Die Unterschiede sind aber nicht unwesentlich und auf die zahlreichen Geigenbauer-und -schulen und die historische Entwicklung während unterschiedlicher Epochen zurückzuführen.
Die Geige, so wie wir sie heute kennen, wurde im 16. Jahrhundert auch in Italien entwickelt. Die besondere Geschichte des Geigenbaus ist untrennbar mit der Stadt Cremona und insbesondere mit der Familie Amati verbunden. Einer ihrer Schüler hat die Kunst des Geigenbaus in seiner eigenen Werkstatt perfektioniert - es war Antonio Stradivari.
Ein Instrument mit besonderen handwerklichen Details durfte ich mir dann auch ansehen und fotografieren. Es ist eine Geige aus dem 18. Jahrhundert, die auf der Unterseite (Außenseite des Bodens) sehr detaillierte Malereien aufweist.
Es gibt jedoch noch bei diesem Instrument noch eine weitere "Besonderheit“: Der Rand der Decke und des Bodens ist im Original mit Elfenbein verziert. Es ist auf jeden Fall zu erwähnen, dass es heutzutage aus Gründen des Artenschutzes verboten ist, Elfenbein zu verarbeiten. Hier hat sich das Bewusstsein zum Glück geändert.
Aber woher weiß man, wie alt ein Instrument ist? Bei der Feststellung des Alters wird der dendrochronologischen Untersuchung eine wichtige Bedeutung beigemessen. Das Ziel ist, den frühestmöglichen Entstehungszeitpunkt des Instruments festzustellen.
Bei dieser Untersuchung werden die Jahresringabfolgen des Holzes der Decke analysiert. Die Jahresringe spielen das jährliche Wachstum des Holzes wider. Das Wachstum variiert auch unterjährig, da die Bäume in Abhängigkeit der Jahreszeit unterschiedlich schnell wachsen.
Wie bereits erwähnt, entstehen in der Werkstatt pro Jahr auch 3-4 neue Instrumente. Worauf es beim Bau eines Instrumentes ankommt, erfahrt Ihr im zweiten Teil dieses Beitrags. Und Ihr könnt euch auch auf einen Einblick in die Werkstatt freuen.
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